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Container kann Bauwerk sein: BGH VII ZR 86/90

BGH-Urteil vom 30.01.1992 (=BGHZ 117, 121)



Der Beklagte hat der Klägerin ... eine aus zwei Elementen bestehende »M.-Topmobil/Verkaufskombination« zum Betrieb eines Blumenladens geliefert. Solche Anlagen werden vom Beklagten in Form von kombinierbaren Containern in einem Katalog angeboten. Sie verfügen über Räder, die zum kurzfristigen Rangieren geeignet sind. Für die Zwecke der Klägerin mußten erhebliche Veränderungen (Einbau eines Schaufensters u.a.) vorgenommen werden. Die beiden Elemente sind durch Schraubverbindungen zu einer Anlage miteinander verbunden. Bestimmungsgemäß wird die Anlage auf mitgelieferten, im Boden verankerten Betonklötzen aufgestellt. Die Anlage ist ferner mit einer fundamentähnlichen Verkleidung versehen sowie an die Versorgungsleitungen und die Kanalisation angeschlossen. Die Bauaufsichtsbehörde behandelt sie als - nicht genehmigungsfähiges - Fertighaus.



Die Klägerin begehrt Schadensersatz, hilfsweise Wandelung wegen schwerwiegender Mängel insbesondere hinsichtlich der Standfestigkeit und der Wärmedämmung. Das Landgericht hat das Wandelungsbegehren für begründet erachtet, das Oberlandesgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen.



Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht ...



Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien ein Werklieferungsvertrag über die Lieferung einer nicht vertretbaren beweglichen Sache zustande gekommen. Für Ansprüche wegen Mängeln gelte die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Anlage sei kein Bauwerk im Sinne dieser Bestimmung. Sie ruhe nur kraft ihres Eigengewichts auf dem Boden bzw. auf den Betonklötzen und sei, zumal sie noch mit kleinen Rädern ausgestattet sei, ohne größeren Aufwand von Grund und Boden lösbar, somit nicht derart mit dem Boden verbunden, daß man sie als Bauwerk werten könne. Die danach maßgebliche Verjährungsfrist von sechs Monaten sei längst abgelaufen ...



Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Blumenladen ein Bauwerk, für das die fünfjährige Verjährung des § 638 Abs. 1 BGB für Arbeiten bei Bauwerken gilt.



1. Für die Verjährungsfrist ist es nicht von Bedeutung, ob das »Bauwerk« selbst oder die gelieferten Teile Grundstücksbestandteile oder bewegliche Sachen sind. So kann zum Beispiel auch für Gebäude, die als Scheinbestandteile im Sinne von § 95 BGB bewegliche Sachen sind, oder auch für Gebäudeteile, die, wie Fenster und Türen, ein Schwimmbad aus Fertigteilen, eine Alarmanlage oder eine Einbauküche, ohne besondere Beeinträchtigung ihrer Substanz wieder entfernt werden können, die Verjährungsfrist für Arbeiten bei Bauwerken oder an Grundstücken gelten (BGH, Urteil vom 4. November 1982 - VII ZR 65/82 = Schäfer/Finnern/Hochstein, § 638 BGB Nr. 25 = BauR 1983,63 = ZfBR 1983,82; BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 - VII ZR 175/89 = BauR 1990,351 = ZfBR 1990,182; BGH, Urteil vom 10. Juni 1991 - VII ZR 305/90 = BauR 1991,741 = ZfBR 1991,259 - Alarmanlage - unter II. 3. b). Die §§ 93 ff., 946 BGB einerseits, und § 638 Abs. 1 BGB andererseits haben eine unterschiedliche Zweckbestimmung (vgl. hierzu v. Craushaar, NJW 1975, 993, 995). Während den sachenrechtlichen Bestimmungen vor allem die Ziele der Erhaltung wirtschaftlicher Werte und der Sicherheit des Rechtsverkehrs zugrunde liegen, dient § 638 BGB dem Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern des Werkvertrags. Deshalb kann für die Frage der Anwendbarkeit der längeren Verjährungsfristen für Arbeiten »bei Bauwerken« oder an Grundstücken die sachenrechtliche Zuordnung zum Eigentum am Grundstück nicht unbesehen herangezogen werden (vgl. hierzu vor allem BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 - VII ZR 305/90 = BauR 1991,741 = ZfBR 1991,259 - Alarmanlage - unter II. 3.b m. w.Nachw.).



2. Für die Zuordnung einer Werkleistung zu den Arbeiten bei Bauwerken ist vielmehr auf den Zweck des Gesetzes abzustellen und damit auf das spezifische Risiko, das mit der Gebäudeerrichtung verbunden ist und das der Grund für die unterschiedlichen Verjährungsregelungen des § 638 BGB ist. Schon in den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist nämlich als Begründung für die fünfjährige Verjährung angegeben, daß Mängel bei Gebäuden häufig erst spät erkennbar werden, jedoch (nach damaligem Kenntnisstand stets) innerhalb von fünf Jahren auftauchen (Motive II 489). Es geht dabei vor allem neben den schon vom Gesetzgeber ausdrücklich erwogenen Mängeln aus dem Bereich von Planung und Statik typischerweise um die späte Erkennbarkeit aus Gründen der Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten einerseits sowie der Witterung und Nutzung andererseits. Soweit sich Risiken der Erkennbarkeit aus den Bereichen Klima/Witterung und Nutzung ergeben, sind sie im wesentlichen durch die beabsichtigte ständige und ortsfeste Benutzung bedingt. Dagegen hat für sie die Verbindung mit dem Grundstück über den Standort hinaus keine besondere Bedeutung.



3. Demgemäß ist auch für die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geforderte Festigkeit der Verbindung mit dem Grundstück (BGH, Urteil vom 4. November 1982 - VII ZR 65/82 = Schäfer/Finnern/Hochstein, § 638 BGB Nr. 25 = BauR 1983,64 = ZfBR 1983,82 = NJW 1983,567 - Fertigteilschwimmbad - einerseits; BGH, Urteil vom 12. März 1986 - VIII ZR 332/84 = Schäfer/Finnern/Hochstein, § 638 BGB Nr. 33 = BauR 1986,437 = NJW 1986,1927 - Heizöltank - andererseits) auf den Gesetzeszweck der verlängerten Verjährungsfrist abzustellen, der sich im wesentlichen aus dem vom Gesetzgeber als vergleichsweise hoch eingeschätzten Mangelrisiko des Bestellers bei Arbeiten an Grundstücken und Gebäuden ergibt. Die geforderte Verbindung dient danach im wesentlichen einer sachgerechten Zuordnung zu dem spezifischen Gebäude- oder Grundstücksrisiko. Dabei mag eine Grundstücksverbindung im Sinne des Sachenrechts ein zuverlässiges Indiz für das Vorliegen eines Bauwerks sein. Es genügt aber grundsätzlich eine enge und auf längere Dauer angelegte Verbindung (BGH, Urteil vom 22. November 1973 - VII ZR 217/71 = BauR 1974,57 = NJW 1974,136).



4. Neben dem Zweck des Gesetzes kann zur Zuordnung von Grenzfällen auch der Zweck des Vertrages bedeutsam sein. Ob dem Unternehmer das Risiko einer fünfjährigen Verjährungsfrist zuzuordnen ist, kann nicht unabhängig vom Vertrag gesehen werden. In Zweifelsfällen können deshalb auch die im Vertrag deutlich gewordenen Verwendungsabsichten heranzuziehen sein. Demgemäß hat der Senat verschiedentlich darauf abgestellt, ob eine Werkleistung, die nicht unmittelbar am Gebäude erbracht wurde, erkennbar für ein konkretes Gebäude bestimmt war (z.B. BGH, Urteil vom 26. April 1990 - VII ZR 345/88 = Schäfer/Finnern/Hochstein, § 638 BGB Nr. 45 = BauR 1990,603 = ZfBR 1990,222 m. w.Nachw.).



5. Hingegen hat die Einordnung als bauliche Anlage im Sinne des öffentlichen Baurechts, wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, letztlich keine entscheidende Bedeutung, weil der Zweck des öffentlichen Bauordnungsrechts (Gefahrenabwehr, Sicherung einer ordnungsgemäßen baulichen Entwicklung usw.) mit den Zwecken des § 638 Abs. 1 BGB kaum Gemeinsamkeiten aufweist. Das wird besonders bei den planungsrechtlichen Elementen der Baugenehmigung deutlich. Aber auch soweit es um die sicherheitsrechtlichen Anforderungen an Gebäude geht, sind die Zielsetzungen weitgehend unterschiedlich. Denn der Gesetzgeber bejaht den Bedarf für die sicherheitsrechtliche Prüfung schon bei Anlagen, die zweifelsfrei nicht als Bauwerk im Sinne von § 638 BGB anzusehen sind.



6. Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach folgendes:

a) Die Anlage sollte nach dem vertraglichen Zweck die Funktion eines ortsfesten Blumenladens haben. Das ergibt sich nicht nur aus der in der Bestellung festgelegten baulichen Gestaltung mit Schaufenster. Auch die Zusammenfügung der Bestandteile zu mehreren Räumen und die dadurch bedingten Anpassungen (Verbindungstüren usw.) deuten unmittelbar auf eine dauerhafte ortsfeste Verwendung hin. Anders als etwa bei mobilen Baucontainern, die als Bauhütten und Ähnliches verwendet werden, ist hier durch die Zuordnung der Teile zueinander die langfristige Verwendung auf dem Grundstück, für das die Anlage bestimmt ist, vorgegeben.

b) Sie ist so aufgestellt, daß sich aus der beabsichtigten und ausgeführten ortsfesten Verwendung die spezifischen Risiken für Gebäude ergeben. Es soll auf Dauer die Funktion eines Gebäudes an dieser Stelle verwirklicht werden. Wie ein anderes Gebäude ist deshalb die Anlage den spezifischen einseitigen und ständigen Belastungen durch Witterung und Klima ausgesetzt.

c) Es liegt schließlich auch eine hinreichende Verbindung zum Grundstück vor. Diese ergibt sich einmal aus der technischen Anbindung und Verankerung wie fundamentähnlicher Sockel, Verschraubungen der Elemente untereinander, Festanschluß an Versorgungs- und Abwasserleitungen sowie massive Zugangstreppe. Zum andern wird auch durch die Gestaltung der Anlage als für die bestimmte Stelle passend ein dauerhafter Grundstücksbezug hergestellt.



7. Nach alledem ist die hier gelieferte Anlage, ähnlich wie etwa ein Fertighaus, als Bauwerk im Sinne der Verjährungsvorschrift des § 638 BGB zu werten. Die geltend gemachten Ansprüche sind daher entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt.
Stichwörter: bgh + container + vii + zr + bauwerk

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