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Versagung des Kindesunterhalts bei Ausbildungswechsel

Eltern sind verpflichtet, ihren Kindern eine ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Berufsausbildung zu finanzieren. Das unterhaltsberechtigte Kind hat demgegenüber die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Bei Verletzung dieser Ausbildungsobliegenheit werden die Eltern von ihrer Unterhaltspflicht frei. Der Bundesgerichtshof stellte im Fall einer jungen Frau, die nach ihrem Abitur zunächst eine Heilpraktiker-Ausbildung begann und nach deren Abbruch ein Medizinstudium aufnahm, folgende Grundsätze auf:

Jedem jungen Menschen ist eine gewisse Orientierungsphase zuzubilligen. Wie diese zu bemessen ist, muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Maßgebende Kriterien sind dabei Alter, Entwicklungsstand und die gesamten Lebensumstände des Auszubildenden. Der Umstand, dass dieser sich nach dem Abitur nicht sogleich für eine Berufsausbildung entscheiden kann, sondern zunächst in verschiedenen Bereichen arbeitet, um daraus Erkenntnisse für seine Berufswahl zu gewinnen, steht einem Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nicht entgegen. Im Rahmen der Orientierungsphase kann auch ein Wechsel zu einer anderen Ausbildung gerechtfertigt sein. Ein solcher Wechsel ist dann unbedenklich, wenn er einerseits auf sachlichen Gründen beruht und andererseits unter Berücksichtigung der Gesamtumstände aus der Sicht des Unterhaltspflichtigen, also der Eltern, wirtschaftlich zumutbar ist. Für die Annahme eines hinreichenden Grundes kann etwa der Umstand sprechen, dass zwischen der abgebrochenen und der angestrebten Ausbildung - wie hier - ein sachlicher Zusammenhang besteht.

Jedem jungen Menschen ist grundsätzlich zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat. Dabei wird ein Ausbildungswechsel umso eher zu akzeptieren sein, je früher er stattfindet. Abschließend wiesen die Karlsruher Richter noch darauf hin, dass gestörte häusliche Verhältnisse sich nach der Lebenserfahrung vielfach nachteilig auf die schulische und sonstige Entwicklung eines Kindes auswirken und derartige Umstände daher ebenfalls bei der Entscheidung über den Unterhalt zu berücksichtigen sind. Der Rechtsstreit wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen, wo die gesamten Umstände nochmals durchleuchtet werden und eine neue Entscheidung unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze getroffen werden muss.

Urteil des BGH vom 14.03.2001
XII ZR 81/99
FamRZ 2001, 757

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