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Bundesverfassungsgericht zum erzwungenen Umgangsrecht

Der Umgang eines Elternteils mit seinem Kind stellt nicht nur ein Recht, sondern auch eine gesetzliche Verpflichtung dar. Gleichwohl verweigerte der Vater eines zum Zeitpunkt der Entscheidung dreijährigen Kindes beharrlich jeglichen Kontakt. Das Familiengericht lehnte es jedoch ab, den Vater zu regelmäßigen Kontakten zu seinem Kind zu verurteilen, da ein erzwungener Umgang dem Kindeswohl nicht entspräche. Das nach eingelegtem Rechtsmittel mit dem Fall befasste Oberlandesgericht ließ zur Klärung ein Sachverständigengutachten erstellen, das zu dem Ergebnis kam, dass Kontakte des Kindes zu seinem Vater zumindest in Anwesenheit einer Begleitperson keine gravierenden Schäden verursachen würden. Andererseits sah der Gutachter nicht unerhebliche Gefahren für das Kindeswohl, wenn für längere Zeit kein Kontakt mit seinem Vater stattfinden würde. Das Oberlandesgericht erließ daraufhin eine einstweilige Anordnung, wonach der Vater gegen Androhung eines Zwangsgeldes zum Kontakt mit seinem Kind verpflichtet wurde. Da sich dieser weiterhin weigerte, setzte das Gericht gegen ihn ein Zwangsgeld von 1.000 DM fest.

Der Vater beantragte daraufhin beim Bundesverfassungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die die Zwangsgeldverurteilung und das erzwungene Umgangsrecht wieder aufgehoben werden sollten. Die Verfassungsrichter nahmen bei ihrer Entscheidung eine umfassende Abwägung der Interessen aller Beteiligten vor. Für die Beibehaltung der Anordnung des Oberlandesgerichts sprachen zunächst die Feststellungen des Gutachters. Andererseits sah das Gericht die Gefahr, dass ein später durch eine anders lautende Hauptsacheentscheidung wieder unterbrochener Kontakt mit dem Vater für das Kind noch nachteiliger sei, als die zumindest vorläufige Beibehaltung des derzeitigen Zustandes (keine Besuche des Vaters). Entscheidend für die Verfassungsrichter war jedoch letztlich, dass durch den Beschluss ein nicht hinnehmbarer psychischer Druck auf den Vater ausgeübt wurde, der sich durch die Kontakte mit seinem Kind psychisch überfordert fühlte und eine Gefährdung für seine derzeitige Ehe sah. Ferner wurde berücksichtigt, dass er und seine Familie durch weitere Zwangsgelder in erhebliche finanzielle Not geraten würden. Im Ergebnis wurde die Entscheidung des Oberlandesgerichts und damit die Zwangsgeldverhängung wieder aufgehoben.

Nunmehr bleibt abzuwarten, zu welchem Ergebnis das Oberlandesgerichts nach eingehender Prüfung der Angelegenheit im Hauptsacheverfahren kommt.

Beschluss des BVerfG vom 30.01.2002
1 BvR 2222/01
NJW 2002, 1863

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