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BGH 2001-04-25 Mietvertragsübergang von Einzelkaufmann auf neu gegründete Gesellschaft

BGH Urteil vom 25. April 2001 Az.: XII ZR 43/99 Rechtsnorm: BGB § 549 Abs. 1; HGB § 28 Abs. 1
Der Eintritt eines Gesellschafters in den Betrieb eines Einzelkaufmanns und die Fortführung des Geschäfts durch die neugegründete Gesellschaft führen nicht kraft Gesetzes dazu, dass die Gesellschaft Vertragspartei eines zuvor von dem Einzelkaufmann abgeschlossenen Mietvertrages über die weiter genutzten Geschäftsräume wird. Zu einem solchen Vertragsübergang ist die Mitwirkung des Vermieters erforderlich.


Tatbestand:

Mit Mietvertrag vom 19. Dezember 1991 vermietete die frühere Eigentümerin an Frau H. Gewerberäume zum Betrieb einer Gaststätte. Der monatliche Mietzins betrug bis Juli 1994 19.367,84 DM, danach 19.551,85 DM. Die Klägerin ist auf Vermieterseite in den Mietvertrag eingetreten, indem sie das Grundstück zu Eigentum erworben hat.

Im Jahre 1994 schloss Frau H. mit den beiden Beklagten einen Gesellschaftsvertrag und führte die Gaststätte ab 1. Mai 1994 mit ihnen zusammen weiter. Frau H. kam mit erheblichen Mietzinsbeträgen in Rückstand und die Klägerin kündigte ihr deshalb fristlos. In Vorprozessen wurde Frau H. zur Räumung und zur Zahlung rückständigen Mietzinses rechtskräftig verurteilt. Aufgrund des Räumungsurteils hat sie die Mieträume der Klägerin am 4. Dezember 1996 übergeben. Auf den rückständigen Mietzins hat sie lediglich 20.000 DM gezahlt.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin einen Teilanspruch auf Zahlung von 12.000 DM (zuzüglich Zinsen) gegen die Beklagten als Gesamtschuldner geltend. Auf einen Hinweis des Gerichts hin hat sie klargestellt, dieser Teilanspruch betreffe eine Nutzungsentschädigung für den Monat Dezember 1996. Sie ist der Ansicht, da die Gaststättenräume erst am 4. Dezember 1996 zurückgegeben worden seien, schuldeten die Beklagten Nutzungsentschädigung für den ganzen Monat Dezember.

Das Landgericht hat durch Versäumnisurteil die Beklagten verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner 12.000 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Versäumnisurteil hat lediglich der Beklagte zu 2 Einspruch eingelegt. Das Landgericht hat das von dem Beklagten zu 2 angegriffene Versäumnisurteil aufrechterhalten. Das Berufungsgericht hat in Abänderung der Entscheidung des Landgerichts die Klage, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 2 richtet, abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen will.


Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin könne gegen den Beklagten zu 2 Mietzinsansprüche für den fraglichen Zeitraum - Dezember 1996 - schon deshalb nicht geltend machen, weil das Mietverhältnis unstreitig vorher beendet worden sei. Sie könne gegen ihn aber auch keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 BGB geltend machen, weil die Gesellschaft, an der der Beklagte zu 2 beteiligt gewesen sei und für deren Schulden er als Gesamtschuldner hafte, nicht auf der Mieterseite in den zwischen Frau H. und der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgeschlossenen Mietvertrag eingetreten sei. Die Aufnahme eines Dritten in das Mietverhältnis auf der Mieterseite erfordere stets eine Mitwirkung des Vermieters. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin bis zur Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung unstreitig keine ausdrückliche Zustimmung zum Eintritt der gegründeten Gesellschaft in den Mietvertrag erteilt. Die Klägerin habe auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass eine solche Zustimmung von ihr konkludent erteilt worden sei. Dem stehe schon entgegen, dass die Klägerin ausschließlich gegenüber Frau H. die fristlose Kündigung des Mietvertrages ausgesprochen und nur gegen diese ein Räumungsurteil erstritten habe. Hierdurch habe die Klägerin zu erkennen gegeben, dass sie lediglich Frau H. als ihre Mieterin ansehe.

Da der Klägerin ein vertraglicher Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs. 1 BGB somit nicht zustehe, könne die von mehreren Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortete Frage offen bleiben, ob ein Vermieter nach dieser Vorschrift Nutzungsentschädigung für den ganzen Monat beanspruchen könne, wenn die Mietsache während bzw. vor Ende des Monats zurückgegeben werde.

Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung aus dem Eigentümer-Besitzer- Verhältnis (§§ 987, 988 BGB) stehe der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil sie nicht dargelegt habe, dass der Beklagte zu 2 bzw. die Gesellschaft, an der er beteiligt gewesen sei, die Räume in der fraglichen Zeit - Dezember 1996 - in Besitz gehabt habe.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

2. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die von Frau H. und den beiden Beklagten gegründete Gesellschaft nicht anstelle von Frau H. Vertragspartnerin der Klägerin geworden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Literatur weitgehend gefolgt ist, führt der Eintritt von Gesellschaftern in den Betrieb eines Einzelkaufmanns nicht dazu, dass die neugegründete Personengesellschaft kraft Gesetzes Vertragspartei eines von diesem abgeschlossenen Mietvertrages wird. Zu einem solchen Vertragsübergang ist vielmehr die Mitwirkung des Vermieters erforderlich (BGH, Urteile vom 10. Juni 1958 - VIII ZR 135/57 - ZMR 1959, 8, 9; vom 21. Dezember 1966 - VIII ZR 195/64 - NJW 1967, 821; RGRK-Gelhaar, BGB 12. Aufl. § 549 Rdn. 3; MünchKomm-BGB/Voelskow 3. Aufl. § 549 Rdn. 14; Staudinger/Emmerich, BGB Bearb. 1995 § 549 Rdn. 31; Bub/Treier/Straßberger, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. II Rdn. 290). Das gilt unabhängig davon, ob er aus besonderen Gründen verpflichtet ist, einer bloßen Gebrauchsüberlassung an die gegründete Gesellschaft zuzustimmen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1955 - VI ZR 70/53 - NJW 1955, 1066). Die Revision verkennt das nicht, bittet aber um eine Überprüfung dieser Rechtsprechung mit Rücksicht auf Gegenstimmen in der Literatur, die in einem solchen Fall einen Vertragsübergang aus den Regeln des Handelsrechts (hier: § 28 HGB) herleiten wollen (so K. Schmidt, Handelsrecht 5. Aufl. § 8 I 4, insbesondere S. 231; MünchKomm- HGB/Lieb, § 25 Rdn. 81 f.; dagegen Beuthien, NJW 1993, 1737). Die an sich notwendige Mitwirkung des Vermieters soll entbehrlich sein, weil es sich um ein betriebsbezogenes Geschäft handelt (K. Schmidt aaO).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die §§ 25, 28 HGB generell zu einem Vertragsübergang kraft Gesetzes führen können oder nicht. Jedenfalls bei Mietverträgen ist ein solcher Vertragsübergang auf einen neuen Mieter ohne Mitwirkung des Vermieters ausgeschlossen. Bei Mietverträgen sind nämlich die besonderen Regeln des Mietrechts zur Gebrauchsüberlassung der Mietsache durch den Mieter an Dritte zu beachten. Nach § 549 Abs. 1 BGB ist der Mieter ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen. Der Mieter ist deshalb ohne Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, an einen Dritten unterzuvermieten und dem Dritten auf diese Weise Gebrauchsrechte einzuräumen. Diese Regelung würde unterlaufen, wenn der Mieter mit dem Dritten ohne Mitwirkung des Vermieters statt eines Untermietvertrages einen Gesellschaftsvertrag abschließen, den Dritten auf diese Weise zum Mitmieter machen und ihm dem Vermieter gegenüber ein Gebrauchsrecht einräumen könnte. Die Aufnahme eines Gesellschafters in das auf einem vermieteten Grundstück vom Mieter betriebene Unternehmen wird deshalb zu Recht als ein Fall von Untervermietung angesehen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1958 aaO; RGRK-Gelhaar aaO).

Würde man es zulassen, dass der Mieter ohne Mitwirkung des Vermieters durch die Gründung einer Gesellschaft einen Mieterwechsel herbeiführen könnte, so könnte das zur Folge haben, dass der ursprüngliche Mieter vor Beendigung des Mietvertrages aus dem Mietverhältnis ausscheiden könnte, ohne dass sich der Vermieter dagegen wehren könnte. Die anstelle des Mieters eingetretene Gesellschaft bliebe dann nämlich auch beii einem Gesellschafterwechsel und auch beim Ausscheiden eines Gesellschafters - des ursprünglichen Mieters - Vertragspartei. Das gilt nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur für eine offene Handelsgesellschaft, sondern auch für eine (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 - ZIP 2001, 330 = WM 2001, 40 8) . Der aus der Gesellschaft ausgeschiedene ursprüngliche Mieter würde dann nur noch zeitlich begrenzt für Altschulden der Gesellschaft haften. Der Vermieter müsste damit rechnen, dass ihm auf der Mieterseite ausschließlich neue, ihm unbekannte Personen gegenüber stehen, auf deren Auswahl er keinen Einfluss hatte. Das mag einem Vermieter zuzumuten sein, der von vornherein an eine Gesellschaft vermietet hat und das damit verbundene Risiko deshalb bewusst eingegangen ist. Es ist aber nicht einem Vermieter zuzumuten, der im Vertrauen auf die Korrektheit seines Vertragspartners an eine Einzelperson vermietet hat.

3. Zu Unrecht meint die Revision, der Beklagte zu 2 hafte für die eingeklagte Forderung aus einem vom Berufungsgericht nicht geprüften Rechtsgrund, nämlich aus § 28 Abs. 1 (i.V.m. § 12 8) HGB. Nach dieser Vorschrift haftet die Gesellschaft, wenn jemand (unter anderem) als persönlich haftender Gesellschafter in das Geschäft eines Einzelkaufmanns eintritt, für alle im Betriebe des Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers, und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft die frühere Firma nicht fortführt. Zu Recht nimmt die Revision an, jedenfalls für das Revisionsverfahren sei davon auszugehen, dass Frau H. und die beiden Beklagten das Geschäft in Form einer offenen Handelsgesellschaft weitergeführt haben. Nach § 128 HGB haften die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft den Gläubigern gegenüber für Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Gesamtschuldner. Insofern sind die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten zu 2 an sich gegeben. Seine Haftung scheitert aber daran, dass es sich bei der eingeklagten Forderung nicht um eine sogenannte Altschuld handelt, eine Schuld also, die am Stichtag - der Geschäftsübernahme durch die Gesellschaft - bereits bestanden hat. Es ist zwar anerkannt, dass die das Geschäft fortführende Gesellschaft nicht nur für Verbindlichkeiten haftet, die im Zeitpunkt des Geschäftsübergangs bereits voll wirksam waren, sondern dass als zur Zeit der Geschäftsübernahme bestehende Ansprüche auch solche anzusehen sind, die noch nicht fällig, betagt oder bedingt sind, wenn nur der Rechtsgrund für solche Ansprüche schon vor der Geschäftsübernahme entstanden ist (BGH, Urteil vom 15. Mai 1990 - X ZR 82/88 - NJW-RR 1990, 1251, 1253). Welche Auswirkungen sich daraus für die Haftung der das Geschäft übernehmenden Gesellschaft im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen ergeben, die zum Stichtag bereits bestanden haben, ist bisher nicht abschließend geklärt (vgl. Staub/Hüffer, HGB 4. Aufl. § 25 Rdn. 57). Umstritten ist insbesondere, ob die übernehmende Gesellschaft, wenn am Stichtag ein Mietverhältnis bestanden hat, in das sie nicht als Vertragspartner eingetreten ist, für die nach dem Stichtag anfallenden Mietzinsansprüche haftet (dafür Beuthien aaO S. 1739; dagegen z.B. Staub/Hüffer aaO und Bub/Treier/Heile aaO II Rdn. 838 f., 840 mit der Begründung, man könne die übernehmende Gesellschaft nicht für den Mietzins haften lassen, wenn ihr nicht gleichzeitig gegenüber dem Vermieter ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung zustehe).

Für die Entscheidung des vorliegenden Falles ist es nicht erforderlich, zu diesem Problem abschließend Stellung zu nehmen. Eingeklagt ist nämlich kein Mietzinsanspruch, sondern ausschließlich ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses (§ 557 BGB). Auch wenn es sich bei dem Anspruch auf künftige Mietzinsraten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs um eine Forderung handelt, die erst zur Entstehung gelangt, wenn sie abschnittsweise für den jeweiligen Gebrauchsüberlassungszeitraum fällig wird (vgl. BGHZ 111, 84, 93 f.), so ist jedenfalls die Pflicht des Mieters zur Mietzinszahlung in dem bestehenden Mietvertrag bereits so angelegt, dass die einzelnen Mietzinsraten entstehen und fällig werden, ohne dass es einer weiteren Handlung der Beteiligten bedarf. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 BGB ist nicht in dieser Weise von vornherein in dem Mietvertrag angelegt. Er entsteht vielmehr nur, wenn der Mieter in Form eines Unterlassens eine vertragswidrige Handlung begeht, indem er nach Beendigung des Mietverhältnisses die Mietsache nicht zurückgibt.

Der Bundesgerichtshof hat für ein anderes Dauerschuldverhältnis, nämlich einen Lizenzvertrag, bereits entschieden, dass eine Haftung nach den §§ 25, 28 HGB für vertragliche Ansprüche, die sich nicht ohne weiteres aus dem Vertrag ergeben, sondern erst bei einem bestimmten Handeln der Beteiligten entstehen, nur in Betracht kommt, wenn die den Anspruch begründende Handlung vor dem Geschäftsübergang erfolgt ist (Urteil vom 15. Mai 1990 aaO m.N.).

Für Mietverträge kann nichts anderes gelten. Aus dem Umstand, dass die offene Handelsgesellschaft, an der der Beklagte zu 2 beteiligt war, ab Mai 1994 das Geschäft der Frau H. weitergeführt hat und deshalb für die damals bestehenden Geschäftsschulden haftet, ohne als Mieterin in den Vertrag eingetreten zu sein, kann nicht geschlossen werden, dass sie auch für ein vertragswidriges Verhalten der Mieterin Frau H. im Dezember 1996 haftbar gemacht werden kann.

4. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).

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